Qualitätsvorausplaner als echte Allrounder

Ich würde Sie gerne auf ein kleine Zeitreise mitnehmen: So um das Jahr 1998 herum waren bei meinem damaligen Arbeitgeber, einem Getriebehersteller für Schaltgetriebe, die Projektvorbereitungen in vollem Gang. Denn ein komplett neues Werk für ein komplett neues Getriebe eines unserer wichtigsten Kunden sollte entstehen.

Unser Kunde damals: einer der „Big Three“ (Ford, GM, Chrysler). Die Anforderung dieses Kunden: Die Durchführung der Automotive Core Tools, vor allem von APQP (Advanced Production Quality Planning), also der Qualitätsvorausplanung.

APQP? Dazu konnte man damals nicht viel in einer Internetsuchmaschine wie Google oder Yahoo finden. Also haben wir uns die Methodik vom Kunden selbst erklären lassen und daraufhin APQP in unseren Prozessen umgesetzt. Denn schließlich ist der Kunde König, und seine Wünsche und Anforderungen werden im Sinne der erfolgreichen Zusammenarbeit entsprechend realisiert.

Die Folge: Auch unsere Lieferanten sollten mit der vorausschauenden Planung APQP arbeiten. Ich selber war damals im Lieferantenmanagement tätig – ich habe mir daher also das APQP-Referenzhandbuch beschafft, mich in die Thematik eingearbeitet und versucht, die Prozesse bei unseren Lieferanten umzusetzen. Was, offen gestanden, damals aufgrund des nicht vorhandenen Wissens leider nur mühsam gelang. Heute in der Gegenwart dürfte das sicher kein Problem mehr darstellen – zumindest, was das Wissen angeht.

Aber was hat mein Ausflug in die Vergangenheit denn nun mit der Überschrift dieses Beitrags – also: Qualitätsvorausplaner als echte Allrounder – zu tun? Kurz gesagt: alles!

APQP: Methode und Inhalte

Die APQP-Methode vereinigt alle sogenannten Automotive Core Tools (APQP, FMEA/Failure Mode and Effects Analysis, MSA/Measurement System Analysis, SPC/Statistical Prozcess Control und PPAP/Production Part Approval Process) miteinander. In der nachfolgenden Darstellung finden Sie eine Übersicht der amerikanischen und der deutschen Kern-Methoden im Automobilbau

Was zeichnet einen guten Qualitätsvorausplaner aus?

1. Beherrschung der Automotive Core Tools:

Je nachdem, inwieweit ein Qualitätsvorausplaner für die Methoden selbst verantwortlich ist, oder zumindest im Team mitarbeitet, sind grundlegende Kenntnisse dieser Methoden das A und O! Ohne sie geht es schlicht und ergreifend nicht.

Es wird vorausgesetzt, dass Kenntnisse im Projektmanagement genauso vorhanden sind wie auch das Know-how über das Zusammenspiel der Automotive Core Tools.

Beispiele sind hier etwa:

  • Zusammenhang einer D-FMEA mit dem DVP (Design Verification Plan)
  • Zusammenhang einer P-FMEA mit dem Control Plan/ PLP (Produktions-Lenkungs-Plan)

In der nachfolgenden Darstellung finden Sie eine Übersicht, wann die Automotive Core Tools beginnen und wie sie ggf. zusammenhängen

2. Teamplayer sein:

Ohne Teamplay geht bei diesen Methoden nichts. Das enorme Wissen, das teilweise dort abverlangt wird (z. B. in den FMEA), kann kein Mensch in der heutigen Zeit allein stemmen. Dafür sind die Umfänge und Inhalte deutlich zu komplex.

3. Führungsqualitäten besitzen:

Auch, wenn es bei der Aufgabenstellung sehr stark um operative Arbeiten geht, müssen Teams geführt werden. Wenn es in der Verantwortung des Qualitätsvorausplaners liegt, die FMEA fertig zu stellen, müssen die FMEA-Teams zielstrebig, effektiv und effizient geführt werden.

Notwendige Fähigkeiten eines Qualitätsvorausplaners sind aus meiner Sicht vor allem: Empathie, Zuhören können, Durchsetzungsvermögen, ständiges Hinterfragen, positive Einstellung zur ständigen Verbesserung, Wissen, wer für welche Aufgabe notwendig ist – wer unterstützen kann – wer die Know-how-Träger sind, frühzeitig ein Gespür haben, wenn Dinge schief zu gehen drohen, etc.

4. Moderieren und präsentieren können:

  • Da wir beim Thema FMEA waren: FMEAs moderieren können
  • Ergebnisse der Qualitätsvorausplanung zusammenfassen (Highlights) und dem Steuerungskreis präsentieren
  • Mit dem Kunden den Projektfortschritt besprechen sowie gegebenenfalls weitere Maßnahmen abstimmen und vorantreiben

5. Hohes Maß an Frustrationstoleranz mitbringen:

Oft gehen Dinge in der Qualitätsvorausplanung schief. Maßnahmen werden nicht termingerecht abgearbeitet. Kollegen und Kolleginnen wollen motiviert werden. Die Liste ließe sich beliebig fortführen – und mit all dem muss man umgehen können.

6. Hilfe annehmen können:

Auch die Qualitätsvorausplanung ist keine „One Man/One Woman Show“. Qualitätsvorausplaner müssen sich, wie jeder andere Mitarbeiter, hin und wieder helfen lassen. Ein Sponsor im Unternehmen kann unterstützen. Oder es stehen Ihnen Kollegen und Kolleginnen hilfreich zur Seite.


Fazit:

Die Aufgabenstellungen eines Qualitätsvorausplaners sind sehr vielfältig, sehr interessant und immer abwechslungsreich. Eine hohe Kompetenz hinsichtlich Kenntnis und Handhabung der gängigen Qualitätsmethoden ist eine Grundvoraussetzung. Ein Job für echte Allrounder eben!

Geschrieben von: Roland Blank

Managementberater / Trainer